• Beitrags-Kategorie:Mathematik
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Um was es geht...

Elementare Funktionen sind die Bausteine, aus denen sich komplexere Funktionen zusammensetzen. In diesem Beitrag werden die wichtigsten Fakten zu den elementaren Funktionen besprochen:

Was sind elementare Funktionen?

Im Tutorium Funktionen – eine Einführung wird gezeigt, dass Funktionen Werte einer unabhängigen Variablen den Werten einer abhängigen Variablen zuordnen. Sehr oft geschieht das durch die Angabe einer Funktionsgleichung. Sogenannte elementare Funktionen spielen dabei die Rolle von Bausteinen aus denen kompliziertere Funktionen zusammen gebaut werden können. Ein Beispiel ist die zusammen gesetzte Funktion y=y(x)=4⋅x²+3.

Sie setzt sich zusammen aus der Funktion y1=x², der konstanten Funktion y2=4 und der konstanten Funktion y3=3. y2 wird mit y1 multipliziert und das Produkt zu y3 addiert. Die Funktion y ist also aus den elementaren Funktionen y1, y2 und y3 zusammengesetzt.

Im Folgenden sehen wir uns die wichtigsten elementaren Funktionen an.

Die konstante Funktion

Die einfachste elementare Funktion ist die konstante Funktion:\[y= y(x)=C=konstant/] y hängt also gar nicht von x ab; jeder x-Wert hat den gleichen y-Wert.

Die Funktionskurven sind Parallelen zur x-Achse im Abstand C. In den Beispielplots sind für C die Zahlen 2, 4 und 7,5 eingesetzt (Abb.1).

Ich weiß: y als abhängig von x aufzufassen, obwohl in der Funktionsgleichung kein x vorkommt, erscheint etwas merkwürdig. Wenn man sich aber klarmacht, dass die Definitionsmenge (die x-Werte) aus den reellen Zahlen besteht und die Wertemenge (die y-Werte) aus nur einer Zahl (C) und jedem Element der Definitionsmenge das eine Element der Wertemenge zugeordnet wird, dann entspricht dies genau der Definition einer Funktion.

 

Beispiele für konstante Funktionen
Abb. 1: Konstante Funktionen \(y(x)=C\)

Die lineare Funktion

In der Mathematik und allen Wissenschaften, die sich mathematischer Methoden bedienen – also praktisch jeder Wissenschaft – spielen lineare Funktionen eine sehr wichtige Rolle (Abb. 2). Die einfachste lineare Funktion lautet \[y = y(x) = x\]

Jeder y-Wert ist also gleich dem zugehörigen x-Wert. Einfacher geht’s kaum (außer bei den konstanten Funktionen). In der mathematischen Praxis wird auch die Funktion \[y = y(x) = m·x+b\] als lineare Funktion bezeichnet (m und b sind Konstanten). Im Sinne der elementaren Funktionen ist dies eine zusammengesetzte Funktion, wie schon zu Beginn des Tutoriums beschrieben.

Lineare Funktion
Abb. 2: Lineare Funktion \(y(x)=x\)

"Unter Vorbehalt": die Potenz-Funktion

Potenzfunktionen sind ebenfalls von erheblicher Bedeutung in der Mathematik und praktisch allen Wissenschaften. Sie lautet: \[y = y(x) = x^n\] wobei n (genannt der Exponent) eine reelle Zahl ist. Abb. 3 zeigt drei Potenzfunktionen als Beispiel.

Beim x-Wert 1 ist der y-Wert aller Potenzfunktionen ebenfalls 1- denn 1n=1, egal wie groß n ist. Hier schneiden sich die Potenzkurven. Ist x größer als 1 (als Formel x>1) wachsen die y-Werte (die Funktionswerte) mit steigendem x-Wert umso schneller je größer der Exponent ist. Und das ziemlich heftig. Deshalb hört der Funktionsgraph beim x-Wert 1,5 auf. Bei der Darstellung größerer x-Werte im gemeinsamen Plot würde x2 kaum mehr von der x-Achse unterschieden werden können, weil die höheren Potenzen nach oben „enteilt“ wären.

Beispiele für Potenzfunktionen
Abb. 3: Beispiele für Potenzfunktionen \(y(x)=x^n\)

Ist jedoch x kleiner als 1 (als Formel x<1) sieht die Sache anders aus. Denn hier gilt: je größer der Exponent desto kleiner der y-Wert bei gegebenen x-Wert. Der Unterschied zum Verhalten für x>1 kommt daher, dass die Multiplikation mit einer Zahl kleiner (größer) als 1 das Ergebnis kleiner (größer) macht:\[5\cdot 0,5=2,5<5\]\[5\cdot 2=10>5\]\[5\cdot 1=5\]

Und  noch ein besonderer Punkt: beim x-Wert von Null ist der y-Wert für alle Exponenten ebenfalls Null; denn 0n=0.

 

Warum „unter Vorbehalt“ in der Kapitelüberschrift? Wegen \(x^n=x\cdot x\cdot x…\) sind alle Potenzfunktionen aus der einfachen linearen Funktion \(y(x)=x\) zusammengesetzt und damit eigentlich keine elementaren Funktionen…

Die Exponential-Funktion

Wir kommen nun zur Exponentialfunktion, die zur Beschreibung von Wachstumsprozessen aller Art wichtig ist. Sie lautet:\[y = y(x) = a^x\] wobei a eine konstante Zahl ist.

Achtung: Im Gegensatz zur Potenzfunktion steht x jetzt im Exponenten!

  • Potenzfunktion: x hoch Zahl
  • Exponentialfunktion: Zahl hoch x

Die Funktionsplots (Abb. 4) sehen denen der Potenzfunktion auf den ersten Blick sehr ähnlich. Im ersten Graph sind die Plots für die a-Werte 2, 3,5 und der Euler’schen Zahl e gezeigt (später etwas mehr zur Zahl e). Es gibt aber wichtige Unterschiede zur Potenzfunktion:

  • Die Funktionskurven für verschiedene a-Werte schneiden sich bei x=0, nicht x=1.
  • Die Funktionskurven erreichen niemals die Null; es gibt also keinen zweiten Schnittpunkt wie bei den Potenzfunktionen (dort gab es bei x=0 einen zweiten Schnittpunkt).

In Abb. 5 wird eine weitere Eigenschaft der Exponentialfunktion gezeigt: Wenn a=1, ist die Funktionskurve eine Parallele zur x-Achse im Abstand 1 (y ist immer gleich 1). Bei a<1 wächst die Exponentialfunktion nicht, sondern sie fällt! Beim Vergleich von a=2 mit a=0,5=1/2 fällt auf, dass die beiden Funktionskurven spiegelbildlich zur y-Achse sind. Das gilt für alle Funktionskurvenpaare mit a bzw. 1/a als Konstante.

Beispiele für Exponentialfunktionen
Abb. 4: Exponentialfunktionen \(a^x\); a>1
Vergleich des Verlaufs der Exponentialfunktion
Abb. 5: Vergleich: \(a^x\); a kleiner, gleich, größer als 1

Exponentialfunktionen sind erstaunliche „Wesen“. Die Standardgeschichte zur Illustration ihrer Wachstumseigenschaften ist die Anzahl Reiskörner auf den 64 Feldern eines Schachbretts, wenn man auf das erste Feld ein Reiskorn legt und dann auf jedes nächste Feld doppelt so viel wie auf dem aktuellen Feld. Dies entspricht der Funktion Reiskörner=2n-1 (n: Nummer des Feldes). Man endet auf Feld 64 bei ca. 2⋅1019 Reiskörnern. Diese würden etwa vier mal schwerer sein als das Wasser des gesamten Bodensees!

Noch eine Anmerkung zur Euler’schen Zahl e. Sie ist eine der zentralen Zahlen der Mathematik, ist irrational (nicht durch einen Dezimalbruch darstellbar) und beträgt ca. 2,718… (wer’s genauer wissen will, schaue hier nach). Die merkwürdige Zahl ergibt sich u.a. aus der Zinseszins-Rechnung und ist mindestens so wichtig wie die Kreiszahl π (gesprochen „pi“; der Buchstabe p des griechischen Alphabets).

Die Kreisfunktionen Sinus und Cosinus

Jetzt wird es etwas komplizierter: wir kommen zu den sogenannten trigonometrischen Grundfunktionen Sinus und Cosinus, abgekürzt mit sin und cos. Da man es hier mit Winkeln als unabhängiger Variablen zu tun hat (siehe unten), bezeichnet man die unabhängige Variable oft mit griechischen Buchstaben wie φ, θ oder α (gesprochen: phi, theta und alpha):\[y = y(φ) = sin(φ)\] \[y = y(φ) = cos(φ)\]

Obwohl die beiden Funktionen aus einer ziemlich speziellen Fragestellung am rechtwinkligen Dreieck resultieren, spielen sie bei vielen mathematischen und physikalischen Problemen eine besondere Rolle. Dies liegt daran, dass sie periodische Funktionen sind; d.h. ihre y-Werte wiederholen sich bei zunehmenden φ-Werten immer wieder. So werden Schwingungen und Wellen durch diese Funktionen beschrieben.

Ursprünglich wurden die Sinus- und Cosinusfunktion am rechtwinkligen Dreieck definiert (daher die Bezeichnung „trigonometrisch“ vom griechischen Wort trigonon für Dreieck).

Wenn in einem Dreieck ein Winkel 90° beträgt, spricht man von einem rechtwinkligen Dreieck (Abb.6). Die dem rechten Winkel (der Winkel mit dem Punkt, oben in der Graphik) gegenüber liegende Dreiecksseite heißt Hypotenuse. Ebenfalls eingezeichnet ist der Winkel φ. Die an ihm anliegende Seite heißt seine Ankathete, die ihm gegenüber liegende seine Gegenkathete.

Der Sinus des Winkels φ – sin(φ) – ist das Längenverhältnis seiner Gegenkathete zur Hypotenusenlänge, der Cosinus – cos(φ) – ist das entsprechende Längenverhältnis der Ankathete zur Hypotenuse.

Definition von Sinus und Cosinus am rechtwinkligen Dreieck
Abb. 6: Rechtwinkliges Dreick mit Ankathete, Gegenkathete und Hypotenuse

Um sich eine Vorstellung von der Sinusfunktion machen zu können, schauen wir uns an, wie ihre Funktionskurve zustande kommt. Dazu bedient man sich eines Tricks: Man betrachtet in einem Koordinatensystem ein rechtwinkliges Dreieck in einem Kreis mit dem Radius R (Abb. 7).

Der Punkt P liegt auf dem Kreisradius; seine Entfernung von der x-Achse beträgt y. Der Koordinatenursprung (0/0), P (x,y) und der Punkt (x/0) auf der x-Achse bilden ein rechtwinkliges Dreieck. y ist die Gegenkathete des Winkels φ. Dann ist y/R geich dem Sinus von φ! Wenn R=1 gewählt wird ist die Länge von y gleich sin(φ)!

Trägt man die Länge von y für verschiedene φ-Werte in ein Koordinatensystem mit den φ-Werten auf der x-Achse ein, hat man die Funktionskurve von sin(φ) vor sich. Dies ist im untenstehenden Video demonstriert.

Rechtwinkliges Dreieck im Kreis
Abb. 7: Sinus und Cosinus im Kreis

Video zur Veranschaulichung der Entstehung der Sinusfunktion am Einheitskreis

Trägt man statt der y-Werte die x-Werte gegen den Winkel φ auf, so erhält man die Funktionskurve der Cosinusfunktion cos(φ). Denn in Abb. 7 ist x die Ankathete des Winkels φ.

In Abb. 8 sind Sinus und Cosinus in einem Graph zusammen dargestellt.

Verlauf Sinus/Cosinus
Abb. 8: Sinus und Cosinus im Vergleich

Ein paar wichtige Eigenschaften:

  • sin(φ) und cos(φ) haben die gleiche Form, sind aber um Δφ=π/2 (90°) gegeneinander verschoben
  • sin(φ) ist eine ungerade, cos(φ) eine gerade Funktion

Weitere Eigenschaften der trigonometrischen Funktionen werden in einem speziellen Beitrag besprochen.

Was bleiben soll...

Sehr viele Funktionen können aus wenigen elementaren Funktionen zusammengesetzt werden. Dies sind:

  • Die konstante Funktion \(y(x)=c\); c: konstant
  • Die einfachste lineare Funktion \(y(x)=x\)
  • Die Exponentialfunktion \(y(x)=a^x\); a: konstant
  • Die trigonometrischen Funktionen \(y(x)=sin(x)\) und \(y(x)=cos(x)\)

Disclaimer und Ausblick

Wir sind im Sauseschritt durch die elementaren Funktionen gerast. Ziemlich viel für einen Beitrag…
 
Naturgemäß sind deshalb viele Dinge nicht zur Sprache gekommen. Ein paar Beispiele:
  • Die Potenzfunktionen sind eigentlich gar nicht elementar; denn x² kann als Produkt x·x aufgefasst werden – also als aus der linearen Funktion zusammengesetzte Funktion. Analoges gilt für höhere Potenzen.
  • Wir haben in den Beispielen und Graphen meist der Einfachheit halber nur eingeschränkte Definitionsbereiche verwendet. Potenzfunktionen existeren z.B. auch bei negativen x-Werten – und sehen in diesem Bereich bei ungeraden Exponenten etwas überraschend aus. Näheres in einem Beitrag zu generellen Eigenschaften von Funktionen.
  • Häufig werden auch sogenannte Umkehrfunktionen der hier besprochenen Funktionen als elementar bezeichnet (z.B. der sog. Logarithmus oder die Wurzelfunktion – Umkehrfunktionen der Exponential- bzw. Potenzfunktionen). Umkehrfunktionen werden ebenfalls in einem anderen Beitrag von Lectures4you behandelt.
Zudem konnte nur ein erster Einblick in die elementaren Funktionen gegeben werden, bei dem im Wesentlichen Graphen als Anschauungsmaterial benutzt wurden. Eine mathematisch strengere Behandlung muss auf analytischen Betrachtungen beruhen, die nicht den Grenzen der Anschauung unterliegen.