• Beitrags-Kategorie:Physik
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Schwingungen und Wellen – also periodische Bewegungen – sind in der Physik allgegenwärtig. Vom mechanischen (Uhren)Pendel über elektomagnetische Wellen bis hin zur Quantenmechanik spielen sie eine entscheidende Rolle.

Die zwei zentralen Begriffe zum Verständnis von Schwingungen und Wellen sind der sog. harmonische Oszillator und das Hooke’sche Gesetz, mit dem der harmonische Oszillator definiert wird. Um beide soll soll es in diesem Beitrag gehen.

Was ist das Hook'sche Gesetz?

Prototyp eines schwingungsfähigen Systems ist eine mechanische (Spiral-)Feder. Wenn eine solche Feder an einem Haken an der Zimmerdecke hängt, hat sie eine – für sie charakteristische – Länge \(x_0\). Das entspricht ihrer Ruhelage. Will man die Länge der Feder erhöhen (sie also strecken) oder erniedrigen (stauchen), muss man Kraft (F) aufwenden. Denn eine Feder setzt jeder Längenänderung eine eigene Kraft entgegen, die Rückstellkraft \(F_R\) genannt wird.

Die Rückstellkraft kommt zustande, weil bei einer Streckung oder Stauchung die Form der Feder verändert wird, was die Material-internen Kräfte verhindern wollen. Einzelheiten zur Natur der Rückstellkraft sollen an dieser Stelle nicht besprochen werden, da die Spiralfeder nur als exemplarisches Beispiel für ein schwingungsfähiges System dient. Wichtig ist nur, dass es eine Rückstellkraft gibt.

Im Übrigen gehen wir davon aus, dass der Betrag der Rückstellkraft bei Streckung und Stauchung der Feder gleich groß ist.

 

 

Spiralfeder ohne Gewicht
Abb.1: Spiralfeder in Ruhelage
Spiralfeder mit Gewicht
Abb.2: Auslenkung der Spiralfeder durch Gewichtskraft

Wichtig ist, dass die Rückstellkraft bei nicht allzu großen Auslenkungen \(\Delta x\) (Änderungen der Federlänge)  proportional zur eben dieser Auslenkung ist. Die Proportionalitätskonstante D wird Federkonstante genannt.\[F=-D\cdot \Delta x\] Das Minuszeichen kommt daher, dass die Rückstellkraft entgegen der Auslenkungsrichtung wirkt (die Rückstellkraft „will“ \(\Delta x\) verkleinern). Je größer D, desto steifer die Feder; denn man braucht bei größerem D mehr Kraft, um die gleiche Auslenkung zu erzielen. Dieser sehr wichtige Zusammenhang wird Hooke’sches Gesetz genannt (nach dem englischen Physiker Robert Hooke). Befolgt ein schwingungsfähiges System das Hooke’sche Gesetz, wird es harmonischer Oszillator genannt. Wie eine solche harmonische Schwingung zustande kommt, wird weiter unten gezeigt.

Übt man eine Kraft auf das Federende aus, um die Feder zu strecken oder zu stauchen, vergrößert sich die Auslenkung so lange, bis auslenkende Kraft und Rückstellkraft gleich groß sind und sich gegenseitig aufheben. Dann herrscht Kräftegleichgewicht und es gilt \(F=-F_R\) (die Kräfte haben gleichen Betrag, sind aber entgegengesetzt) . Beispielsweise kann man ein Gewicht an die Feder hängen, das aufgrund seiner Gewichtskraft \(F_G\) die an der Decke fixierte Feder streckt. Die auslenkende Gewichtskraft ist konstant und damit unabhängig von der Auslenkung: \(F_G=m\cdot g\) (m: Masse des Gewichts; g: Erdbeschleunigung, 9,81 m/s²); die Rückstellkraft steigt aber mit zunehmender Auslenkung von Null (Ruhelage der Feder) so lange an, bis Rückstellkraft der Feder \(F_R\) und Gewichtskraft sich die Waage halten und sich die Auslenkung nicht mehr ändert.

 

Abb.3 verdeutlicht noch einmal das Hooke’sche Gesetz: je größer die Masse des Gewichts, desto stärker wird die Feder ausgelenkt. Trägt man Rückstellkraft gegen Auslenkung gemäß Hooke’schem Gesetz in einem Grafen auf, ergibt sich eine Gerade mit der Steigung -D.

So einfach das Hook’sche Gesetz auch aussieht, es hat weitreichende Konsequenzen für die physikalische Beschreibung von Schwingungsbewegungen. Den harmonischen Schwingungen kommt besondere Bedeutung zu, weil jedes schwingungsfähige System harmonisch ist, wenn die Auslenkung aus der Ruhelage klein bleibt (was auch immer „klein“ im Einzelfall heißen mag…).

Experiment: Hook'sches Gesetz
Abb.3: Veranschaulichung des Hooke'schen Gesetzes

Erzeugung einer Schwingung

Ok, wir haben eine Feder durch Kraftanwendung so lange gestreckt, bis streckende Kraft und Rückstellkraft der Feder sich gegenseitig aufheben. Oder anders gesagt: wir haben die in der Feder steckende Energie (ihre potentielle Energie) erhöht. Denn potentielle Energie ist Kraft F mal Weg Δx.

Soweit ist noch nichts passiert, was wie eine Schwingung aussieht. Wenn jedoch nach Auslenkung der Feder die Streckkraft wegfällt (z.B. indem das Gewicht abgeworfen wird), ist das Kräftegleichgewicht aufgehoben und es existiert nur noch die Rückstellkraft, die die Feder in ihre ursprüngliche Länge zurück führen will.

Und das tut sie auch: aufgrund des zweiten Newton’schen Gesetzes \(F=m \cdot a\) wird das Federende (bzw. das gesamte Feder-Material) in Richtung Verkürzung beschleunigt (zur Vereinfachung nehmen wir an, dass das Federende die gesamte Federmasse enthält und der Rest der Feder masselos ist; das macht die Rechnung einfacher und entspricht auch den meisten Anwendungen  einer Spiralfeder). Hat die Feder wieder ihre ursprüngliche Länge erreicht, gibt es keine wirkende Kraft mehr, da in der Ruhelage \(F_R=0\); die potentielle Energie ist – wie vor der Streckung – Null. Aber das Federende ist jetzt voll „in Fahrt“. Seine Geschwindigkeit und damit seine kinetische Energie ist während der Rückstellbewegung immer größer geworden und hat beim Erreichen der Ruhelage ihren Maximalwert erreicht. Aufgrund des Energieerhaltungssatzes ist die potentielle Energie der Feder vollständig in kinetische Energie umgewandelt worden.

Das Federende schießt über die Ruhelage hinaus und die Feder verkürzt sich; die Auslenkung Δx ist jetzt negativ, da das Federentde jenseits der Ruhelage x=0 liegt. Da jetzt die Feder gestaucht wird, steigt die Rückstellkraft wieder an – allerdings in umgekehrter Richtung. Das bremst die Stauchung der Feder ab und erhöht wieder ihre potentielle Energie; und zwar solange, bis alle kinetische in potentielle Energie umgewandelt ist und die Federbewegung zum Stillstand kommt. Die Rückstellkraft ist jetzt wieder maximal (wir erinnern uns: \(F_R \sim \Delta x\)).

 

Harmonischer Oszillator: Umwandlung potentielle in kinetische Energie bei Schwingung
Abb.4: Gegenseitige Umwandlung von potentieller und kinetischer Energie während einer Schwingung (nach Abwurf des auslenkenden Gewichts)

Das sorgt dafür, dass sich die Feder wieder verlängert (die Rückstellkraft beschleunigt das Federende wieder in Richtung Ruhelage; die Auslenkung aus der Ruhelage nimmt wieder ab). Die Geschwindigkeit des Federendes nimmt wieder zu, bis die Ruhelage erreicht wird, in der Rückstellkraft und potentielle Energie wieder Null sind und die kinetische Energie maximal.

Wie zuvor rauscht das Federende durch die Ruhelage hindurch und die Feder streckt sich wieder, bis die ursprüngliche Streckung erreicht ist. Und das Spiel beginnt von vorne. Im Ergebnis schwingt die Feder hin und her zwischen Streckung und Verkürzung. Wir haben eine periodische Bewegung.

 

Fazit:

Eine Schwingung kommt zustande, weil durch Krafteinwirkung die potentielle Energie der Feder erhöht wird. Fällt die einwirkende Kraft weg, beginnt durch die nun allein wirkende Rückstellkraft eine beständige (idealerweise verlustlose) Umwandlung von potentieller in kinetische Energie und umgekehrt, wobei die Gesamtenergie erhalten bleibt. Falls nach Beginn der Schwingung keine neuen Kräfte auf die Feder einwirken (Reibungskräfte; Verringerung der Rückstellkräfte durch „Ausleiern der Feder; „Anschubsen“ der Feder o.ä.), schwingt die Feder auf ewig im gleichen Rythmus weiter. In Wirklichkeit nimmt die Schwingung natürlich im Laufe der Zeit ab, weil es immer störende Kräfte gibt; aber das schmälert nicht den Wert unserer Erkenntnis, wie Schwingungsvorgänge zustande kommen.

 

Warum ist der harmonische Oszillator so wichtig?

Es wurde schon angedeutet: harmonische Oszillatoren sind in Physik und Technik beinahe allgegenwärtig. Denn extrem viele physikalische Systeme sind schwingungsfähig – und zwar nicht nur mechanische!

Hier ein paar Beispiele jenseits einer Spiralfeder:

  • Ein Gewicht, das an einem Faden oder einer Stange hängt: Führt man das Gewicht nach links oder rechts (die Länge des Fadens oder der Stange bleibt gleich) wird es angehoben. Lässt man es dann los, bewirkt die Schwerkraft ein Zurückschwingen des Gewichts. Die Schwerkraft wirkt als Rückstellkraft. Man hat ein schwingungsfähiges (Faden)Pendel vor sich (Anwendungsbeispiel: Pendeluhren).
  • Ein Gewicht auf einem Tisch bleibt in Ruhe, obwohl die Schwerkraft auf es wirkt und es nach unten beschleunigen will. Das liegt daran, dass der Tisch ein klein wenig nach unten ausgebeult (ausgelenkt) wird, bis seine zunehmende Rückstellkraft die Ausbeulung beendet (das sieht man normalerweise nicht, weil der Tisch sehr stabil ist – seine Federkonstante ist sehr groß – und nicht so einfach ausgebeult werden kann). Nach Entfernen des Gewichts nimmt er wieder seine alte Form an (er geht in seine Ruhelage zurück). Der Tisch gehorcht dem Hooke’schen Gesetz.
  • Ein Hartgummiball („Flummi“) springt immer wieder von Erdboden hoch ab, weil er wie eine Feder beim Aufprall elastisch deformiert wird (seine kinetische Energie wird in Deformationsenergie – eine spezielle Form der potentiellen Energie – umgewandelt). Wenn der Flummi beim Aufprall nicht zu stark deformiert wird, verhält er sich wie ein harmonischer Oszillator und gibt die Deformationsenergie wieder vollständig in Form von kinetischer Energie ab. Deshalb springt er immer wieder (fast) bis zur Anfangshöhe hoch.
  • Schall ist die Ausbreitung einer Druckdifferenz in der Luft. Wenn die Membran eines Lautsprechers sich nach außen bewegt, verdichtet er die Luft in seiner unmittelbaren Umgebung. Dadurch ergibt sich eine Druckdifferenz zur Luft weiter weg von der Membranoberfläche. Die Druckdifferenz beschleunigt die membrannahe Luftschicht weg von der Membranoberfläche. Dadurch kommt es zu einer Umkehrung der Druckdifferenz, die jetzt nicht mehr weg, sondern hin zur Oberfläche zeigt und es strömt wieder Luft zurück. Der Luftdruck vor der Membran verhält sich dabei wie ein (stark gedämpfter) harmonischer Oszillator.
  • Eine Stimmgabel wird durch die Krafteinwirkung beim Anschlagen ein wenig deformiert. Die Stimmgabel wirkt wie eine Feder und beginnt nach dem Anschlagen eine Schwingung, da es nach dem Anschlag keine deformierende Kraft mehr gibt. Hat die Stimmgabel die richtige Federkonstante, erklingt der Kammerton a …
  • Licht breitet sich aus, weil das elektromagnetische Feld ein schwingungsfähiges System ist. Seine Schwingung wird angeregt, wenn sich elektrische Ladungen bewegen und dabei eine Kraft auf das elektromagnetische Feld ausüben.
Hier soll Schluss sein mit der – ansonsten fast unendlichen – Reihe von Beispielen für harmonisches Verhalten physikalischer Systeme. Eines ist gewiss: wer sich mit Physik beschäftigt, wird immer wieder mit harmonischen Oszillatoren konfrontiert werden.

Anharmonische Oszillatoren

Schwingungen, die nicht harmonisch sind, heißen anharmonisch und treten meist auf, wenn die Auslenkungen des schwingungsfähigen Systems größer werden. Die Schwingung einer Feder, die bis an ihre Zerreißgrenze ausgelenkt wird, kann nicht mehr harmonisch schwingen. Denn die Rückstellkraft ist dann nicht mehr proportional zur Auslenkung.

Ein anderes Beispiel für eine anharmonische Schwingung ist eine Feder, deren maximale Stauchung einen anderen Wert als die maximale Streckung hat (z.B. wenn die Feder so weit zusammen gedrückt wird, dass sich die Federwindungen berühren). Die Auslenkungen bei Stauchung und Streckung sind nicht mehr symmetrisch, da die Rückstellkraft bei großer Stauchung andere Werte besitzt als bei gleich großer Streckung.

Eine kleine Anmerkung: Physik und Mathematik anharmonischer Schwingungen sind erheblich komplizierter als die der harmonischen Bewegung. Man kann Anharmonizität aber immer als Störung der harmonischen Schwingung oder als Überlagerungen harmonischer Schwingungen behandeln.

Das Wichtigste zusammengefasst

  • Ein physikalisches System ist dann schwingungsfähig, wenn es bei Auslenkung aus seiner Ruhelage eine von Null verschiedene Rückstellkraft besitzt.
  • Um ein schwingungsfähiges System aus seiner Ruhelage auszulenken, muss man Kraft aufwenden.
  • Bei kleinen Auslenkungen gilt für jedes schwingungsfähige System in guter Näherung das Hooke’sche Schwingungsgesetz: Auslenkung \(\Delta x\) und auslenkende Kraft \(F\) sind proportional zueinander, haben aber entgegen gesetzte Richtungen (antiparallel); die Proportionalkonstante D wird Feder- oder Kraftkonstante genannt: \(F=-D \cdot \Delta x\).
  • Bei Wegfall der auslenkenden Kraft beschleunigt die vorhandene Rückstellkraft das schwingungsfähige System zurück in Richtung Ruhelage.
  • Während einer Schwingung wird fortwährend potentielle in kinetische Energie umgewandelt und umgekehrt. Ohne störende Kräfte wird die Schwingung aufgrund des Energieerhaltungssatzes fortwährend weiter ausgeführt.
  • Ein schwingungsfähiges System wird als harmonischer Oszillator bezeichnet, wenn es dem Hooke’schen Gesetz folgt (man könnte es auch „Hooke’scher Oszillator“ nennen…).
  • Die Schwingungsbewegung eines harmonischen Oszillators ist periodisch.

In diesem einführenden Beitrag wurde der harmonische Oszillator und sein Bewegungsverhalten anschaulich vorgestellt. Um seine Eigenschaften und ihre Konsequenzen auf physikalische Vorgänge richtig zu verstehen, muss man allerdings tiefer in die mathematische Beschreibung des Oszillators einsteigen. Dies wird in einem weiterführenden Beitrag geschehen.